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nelu – Einsatz für erneuerbare Energien

Ökologie und Unternehmertum zusammenzubringen: Zu diesem Zweck wurde 2014 der Verein Neue Energie Luzern gegründet. Nun tritt unser diePF-Partner und Gründungspräsident von NELU, Raymond Studer, zurück. Im Gespräch mit der Luzerner Zeitung zieht er Bilanz auf die acht Jahre. Read More

Zum Interview mit Reto Bieri von der Luzerner Zeitung, 10. März 2022 mit Raymond Studer, Partner und Co-Geschäftsführer von diePF.

Raymond Studer, warum wurde 2014 der Verein «Neue Energie Luzern» NELU gegründet
Auslöser war die Revision des kantonalen Energiegesetzes, die der Kantonsrat 2013 sang- und klanglos versenkt hatte. Ich war zu dieserZeit neu in der Branche der erneuerbaren Energien tätig. Wie andere Personen aus der Bau- und Solarbranche war ich geschockt. Es konnte doch nicht sein, dass wir Ökologie gegen Ökonomie ausspielen. Daraus entstand die Absicht, einen Verband zu gründen, der Unternehmertum und Nachhaltigkeit zusammenführt. Wir wollten auch aufzeigen, dass man damit Geld verdienen und Arbeitsplätze schaffen kann.

Allzu bekannt ist der Verband allerdings nicht.
Wir sind mit 30 Mitgliedern gestartet, aktuell sind es rund 120 Unternehmen, wir hatten also einen massiven Zuwachs. Wir haben bisher eher im Hintergrund gearbeitet und insbesondere mit Entscheidungsträgern über die erneuerbaren Energien gesprochen. Das hat gerade im bürgerlichen Spektrum zu einem Umdenken geführt. Ich gebe aber zu: Gegen aussen haben wir noch Luft nach oben. Das neue Co-Präsidium möchte die öffentliche Sichtbarkeit von Nelu erweitern. Eine Kritik an Nelu lautet übrigens, dass bei uns eh nur Unternehmer dabei seien, die von Fördergeldern profitieren. Wir zählen aber immer mehr Mitglieder, die nicht im Baugewerbe tätig sind. Das zeigt, dass der Wind in der Wirtschaft dreht und es sich lohnt bei einem fortschrittlichen Wirtschaftsverband Mitglied zu werden.

Hauptzweck von Nelu ist es, die Energiewende im Kanton Luzern voranzutreiben. Ist dies bislang gelungen?
Ich denke, wir haben sehr viel erreicht. Luzern darf stolz darauf sein, dass er als einer der ersten Kantone im Juni 2018 ein gutes Energiegesetz verabschiedet hat. Ein Jahr zuvor hiess das Luzerner Stimmvolk mit fast 60 Prozent Ja-Stimmen die nationale Energiestrategie gut. Nelu führte jeweils die Luzerner Ja-Kampagnen an. Wir konnten eine breite Allianz von Umwelt und Unternehmerverbänden zusammenbringen, das gab es bis dahin nicht.

Weniger gut lief es bei der verlorenen Abstimmung zum CO₂-Gesetz im vergangenen Juni.
Das war eine klare Niederlage. Wir müssen dennoch nach vorn schauen. Meines Erachtens stehen die Umweltverbände, besonders in der Pflicht. Wir nehmen sie als Verhinderer der Energiewende wahr, sei es beispielsweise bei geplanten Windenergieanlagen, aber auch bei
Wasserkraftprojekten, von denen viele nicht wie vorgesehen umgesetzt werden können. Das darf nicht sein. Der Ausbau der erneuerbaren Energien spielt bei der Energiewende eine Schlüsselrolle. Der Ukraine-Krieg zeigt auf, dass wir abhängig sind von Staaten, mit denen wir eigentlich keine Geschäfte machen wollen.

Der Kantonsrat berät in der Märzsession den Klimabericht zu Ende. In der Januarsession wurde er als «Meilenstein» bezeichnet. Trifft das aus Ihrer Sicht zu?
Jein. Der Kanton hat mit dem Klimabericht eine gute Auslegeordnung erhalten, die Grundstossrichtung für das Netto-Null-Ziel bis 2050 stimmt. Aber: Aus unserer Sicht bewegt sich der Bericht auf einer sehr hohen Flugebene. Man muss jetzt auf den Boden kommen und rasch Massnahmen festlegen. Zudem sind für Klimaschutzmassnahmen aktuell rund 9,5 Millionen Franken wiederkehrende Mittel vorgesehen. Das ist entschieden zu wenig, da muss man nachbessern und neue Ansätze, zum Beispiel Fonds, prüfen. Grundsätzlich ist der Kanton Luzern auf einem guten Weg. Man spürt, dass Regierungsrat Fabian Peter neuen Schwung hineingetragen hat. Er kommt aus dieser Branche, der Klimaschutz ist ihm ein wichtiges Anliegen.

Der Solarausbau nimmt deutlich an Fahrt auf, aber reicht das bisherige Tempo?
Wir brauchen viel mehr solaren Strom, da Elektrizität zur Schlüsselressource wird. Die grösste Herausforderung ist aus unserer Sicht der Fachkräftemangel. Die Auftragsbücher der Solarfirmen sind voll, aber die Leute für die Montage fehlen. Da braucht es innovative Lösungen.

Zum Beispiel?
Klimaschutz ist ein Gesellschaftsprojekt. Im Kanton Luzern gibt es sehr viele Vereine. Diese organisieren oft ein Fest, um ihr Vereinsleben zu finanzieren. Stattdessen könnten sie als Handlanger drei-, viermal jährlich einem Unternehmen helfen, Solaranlagen aufs Dach zu montieren. Ich denke, wir müssen solche neuen Wege gehen, sonst bringen wir den Ausbau nicht hin.

Jüngst wurde die Kernkraft wieder ins Spiel gebracht. Machen neue Atomkraftwerke Sinn?
Atomkraft ist für Nelu nicht erneuerbar, wir befürworten daher neue AKW nicht. Wenn wir uns heute für ein neues AKW entscheiden, dauert das zudem mindestens 20 Jahre, bis es gebaut ist. Wer investiert heute in eine solch teure Technologie? Ich kann mir vorstellen, dass man zur Überbrückung der Winterstromlücke Gaskraftwerke benötigt, aber betrieben mit synthetischem, nicht mit fossilem Gas.

Was heisst das konkret?
Aus überschüssigem Solarstrom, der im Sommer anfällt, oder aus Biomasse produziert man synthetischen «grünen Wasserstoff», den man im Winter wieder verstromen kann. So funktioniert ein künftiges Gaskraftwerk.

Reicht das, um die Winterstromlücke abzudecken?
Nur mit synthetischem Gas allein nicht, nein. Aber es kann einen wichtigen Beitrag leisten. Es ist eine von vielen Arten, wie wir den Strom der Zukunft herstellen werden.



nelu diePROJEKTFABRIK Raymond Studer gibt NELU Präsidium ab.

Bild: Dominik Wunderli LZ (Luzern, 9. März 2022)